Bakelit / Catalin - Radiogehäuse
Der Kunststoff Bakelit (Handelsname), im Ausland auch später Catalin (Handelsname) genannt oder auch manchmal Preßstoff, war das erste wirklich recht universell einsetzbare Materal zur Gestaltung von Gehäusen, die nicht auf Holz oder Metall basierten. Bakelit konnte heiß in fast jede Form gepresst werden. Dabei gingen diese Form-Möglichkeiten zum Teil über praktisch im Holz oder Metall realisierbare Formen hinaus.
--> links: Telefunken 340W
Bakelit wurde 1905 von dem belgischen Chemiker Leo Hendrik Baekeland erfunden. Der Kunststoff ist duroplastisch und ein Phenoplast auf der Basis von Phenol und Formaldehyd. Ein früher Anbieter des Materials war die Firma Bakelite GmbH (Bakelite AG) in Erkner bei Berlin. Patente bis 1927, dann auch unter der Marke Catalin vertrieben. Catalin (z.B. in den USA) wurde dort farbenfroher verwendet.
Bakelit konnte in verschiedenen Farben verwendet werden. Neben dem schwarzen Bakelit (z.B. beim Volksempfänger) gab es Einfärbungen in dunkelbraun und braun bis hin zu leicht rötlichen Einfärbungen. Weiter wurde Bakelit auch "marmoriert" angeboten, das heißt: Es wurden verschiedenfarbige Preßmassen leicht (grob) vermengt und dann in Form gegossen.
Es gab auch Mischungen mit Fremdmaterialien, wie zerkleinerten Stoffresten, usw. Dadurch entstanden interessante strukturierte Oberflächen.
Dem großen Vorteil der vielfältigen Formbarkeit stand aber der Nachteil der hohen Bruchgefahr des Materials gegenüber. Bakelit war kaum elastisch und konnte Stöße oder Schläge nur sehr bedingt aushalten.
Gerade Radios mit Bakelit-Gehäusen, also mit recht großen und dünnen Wänden waren sehr gefährdet. Bakelit gibt einen typischen Geruch ab, wenn man Löcher bohrt oder sonstwie das Material abtragend bearbeitet. Unbeschädigt hat Bakelit eine lange Lebensdauer.
Das Material war in der Lage, auch gute und glänzende Oberflächen zu bieten. Allerdings bedurfte es einer gewissen Pflege-Notwendigkeit, um diesen Glanz dauerhaft zu erzeugen. Babei wurden viele Fehler gemacht, so manche Hausfrau verwendete Bohnerwachs oder gar Schuhcreme und polierte nach. Das ging zwar gut, aber im Laufe der Zeit wurden immer mehr Schichten des Pflegemittels aufgetragen.
--> rechts: Jotha 640GW3 Radio. Art Deco
<-- links: Sperrkreis von Nora
Später machte es dann zum Teil große Mühe, die Schichten wieder abzutragen. Beschädigte Stellen (die tiefer in das Material eingedrungen sind) lassen sich kaum hochglanzmäßig wieder restaurieren.
Andererseits war Bakelit ein guter Isolator, also gerade für Radios mit den hohen Versorgungsspannungen gut geeignet, um Stromschläge der Gerätebenutzer zu vermeiden.
Plastik / Kunstsoff: Ab ca. den dreissiger Jahren wurde Bakelit von umgangssprachlich Plastik (DDR: Plaste) abgelöst. Plastik-Varianten waren z.B. PVC . Grundsätzich ist aber auch Bakelit ein Kunststoff. Es werden Thermo- und Duroplaste unterschieden. Bakelit ist ein Duroplast, z.B. PVC dagegen ein Thermoplast.
Im Bereich des Radio-Sammelns gibt es Bakelit-Spezialsammler. In den zwangiger bis noch zu den fünfziger Jahren wurden viele Bakelit-Radios angeboten. Darunter waren viele gute bis hervorragend gestaltete Geräte. Viele Bakelitradios strahlten eine interessante Stilistik aus. Insbesondere Radios im Art Deco - Stil nutzten gern das Material.
Beispiele für solche (aber auch einfachere) Modelle:
AEG Geadux 112WLK,
Blaupunkt 4GW67, 6W68P, GU 660 W, F511WP, F630U,
Brandt Columbus 170, 5651W,
EAK Super 64/50GWPS,
Emud Favorit 69 W, Cherie, Volkssuper W, Record SW, Ulm 65, Fipps 98 (Bakelit?)
Grundig Weltklang 246 W, UKW-Zusatzgerät 106 W, 1002GW (Bakelit?)
Jotha Export 640 W 3, 640GW3, 130GWN,
Krefft Weltfunk Pascha 55 UKW, K525,
Lumophon WD340, WD211,
Mende 148G, 215W, 169/35W,
Körting Trixor 52 W,
Lorenz K10A, Wendelstein /UI, Stuttgart, Hannover (Bakelit?)
Metz Baby,210W,
Nora W321L, Detektorapparat Form D2, GW152 Junior, GW 654 Menuett,
Philips Philetta ABD294U, BD 290 U Philetta, Philetta 50,
Rema Trabant (Presstoffschalen?, Spätes Bakelitradio?)
Saba 310WL, 311WL, 355WP, Triberg W, Triberg GW,
Schaub Kongreß 52, Kongreß 53, Libelle 54,
Siemens Berlin-Stecker Detektor, 23WL, Spezialsuper 52SH511GW/M, Klein-Super 52SH522GW,
Telefunken 122W und WL, 343W und WL, 346GL Admiral, Bayreuth 653WL, Nauen 330WL, Wiking 125WL, Super 143GW, Filius 8H43GW, UKW 6A, Operette 50, Bajazzo U
Tefi Tefi-Zwerg G.W.Z. 131,
VEB Funkwerk Dresden 4U64,
VEB Stern-Radio Berlin 1U11, Dompfaff, Kolibri, Kolibri II
VEB Stern-Radio Sonneberg Schwarzburg 875/53 GWU P, Super 875/55GWU Naumburg, Super 675/55GWU Ilmenau
VEB Technisch-Physikalische Werkstätten, UKW-Favorit U 6/12 W
--> Die Bakelit-Radios im Wumpus-Online-Museum (allerdings aller Exponate) können hier angesehen werden.
Nicht nur Gehäuse für Radios wurden angeboten, viel Zubehör nutzte ebenfalls Bakelit: Sperrkreise, Lautsprecher-Boxen, Antennen-Anpasser, externe Tonblenden, Netzstecker, Steckdosen, usw. usw.
Hier mehr Informationen zur Behandlung von Bakelit-Gehäusen unter Bezug auf vergleichbare Materialien, seine Einordnung in die Radio-Design-Geschichte und seine Reparaturmöglichkeiten.
Nora 20WL, 1932. |
DKE (Deutscher Kleinempfänger), 1938 |
Lorenz Stuttgart, 1949 |
Flamma Sperrkreis |
Bakelit-Aufputznetzsteckdose aus der Vor-Schuko-Zeit |
Bakelit-Netzstecker aus der Vor-Schuko-Zeit |
Bakelit-Gleichstrom-Stecker mit + Markierung. (Foto: "Airwaves", Christian, WGF) |
... mehr dazu |
Auch ausserhalb der Radio-Welt wurde Bakelit für diverse andere Produkte verwendet:
Schalen, Uhren, Lampen, Dosen, Schachteln, Telefone, Besteckgriffe, Steckdosen, Pistolengriffe, Kameras, usw., usw.
Eine typische Bakelitschale für Büro und Haushalt.
Typisches Bakelit-Telefon
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