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Radios mit röhrenbestückten Gegentakt-, Ultralinear-, Parallel-Endstufen.

 

stereo-gegentakt.jpgDie typische Massenschaltung für Standardend-Lautsprecherstufen ist die Eintakt-A-Schaltung. Hier wird eine Röhre zur NF-Leistungsverstärkung genutzt. Der Arbeitspunkt der Röhre liegt möglichst in der Mitte der Anodenkennlinie, also bei A, um eine möglichst geringe Verzerrung zu erreichen.

 

Wird nicht zu stark angesteuert, bleibt die negative und positive Halbwelle im halbwegs geraden Teil der Kennlinie. Der mittlere Anodenstrom ändert sich kaum. Typische Klirrfaktoren liegen bei ca. 10 %. Es fließt ein relativ hoher durchschnittlicher Anodenruhestrom.

 

Photo rechts: Stereo-Gegentaktendstufen mit ECLL800 vom Saba Freudenstadt FD16

 

Mit Gegentakt-Endstufen (Zwei Leistungsröhren, eine Phasenumkehrröhre) kann die Ausgangsleistung deutlich erhöht werden. Üblicherweise wird der Arbeitspunkt in den Bereich AB gelegt, auch B. Es fließt nur ein relativ geringer Anodenruhestrom. Ein Teil der Oberwellen werden stark unterdrückt.

 

roehrenkennlinie.jpgDurch die Gegentaktanordnung verbessert sich der Klirrfaktor auf ca. 2-5 %. In den Röhren steigt je nach Ansteuerung der mittlere Anodenstrom im Takt dieser Ansteuerung. Die Arbeitspunkt-Variante C (kein Ruhestrom, Steuergitter stark negativ vorgespannt) wird kaum angewandt, da der Klirrfaktor zu hoch ist. C-Betrieb ist eher in Senderschaltungen gebräüchlich. Es gibt auch Gegentakt-A-Anwendungen, die einen guten Klirrfaktor liefern, bei relativ geringer Ausgangsleistung (in Bezug auf Eintakt-A). Normalerweise wird der Arbeitpunkt bei AB liegen, also zwischen Kennlinienpunkt A und B (näher bei B).

 

links: Arbeitspunkte  von Verstärkerröhren, hier sinngemäß bei Gegentakt-Endstufen (ausser D).

 

Bei Gegentakt erhält jede der beiden Röhren ein gegenphasigen Halbwellenanteil des steuernden NF-Signals. Die notwendige Phasenaufteilung des Steuersignals kann über einen mittelangezapften Steuer-Transformator erfolgen oder besser (Klirrgrad) über eine Phasentrennröhre. Bei der Röhre ECLL800 ist in eine Röhre die Phasenrstufe (Triode) und die beiden Gegentakt-Endstufen zusammengefügt worden.

 

Um das Letzte hinsichtlich der Klangqualität heraus zu holen, werden gern ausgesuchte Röhren-Paare genutzt, die einen sehr ähnlichen Ruhestrom aufweisen. Dadurch kann der Klirrfaktor noch einen Hauch verbessert werden. Ob man als Hörer einen Klirrfaktor-Unterschied von 1 % zu 2 % verwechslungssicher wahrnehmen kann, mag mit einem Fragezeichen gesagt sein.

 

Parallel-Endstufen: Es gab eine Art Vorstufe zur Gegentaktschaltung, die fast eine Verdopplung der Ausgangsleistung gegenüber einer Endstufe mit einer Röhre brachte:

 

Die Endstufe mit zwei parallel geschalteten Röhren. Der Klirrgrad wurde dabei nicht besser als ca. 10 %. Dagegen brachte (je nach Schaltung) eine Gegentaktendstufe mehr als die doppelte Leistung, als es eine Stufe mit einer Röhre erreichen konnte.

 

Gegentaktendtstufen erforderten (unter Ausnahme der Variante mit zwei galvanisch in Reihe geschalteten Röhren, die aber mittelohmige Lautsprecher erforderte (Philips eisenlose Endstufen)) einen Ausgangstransformator mit Mittelanzapfung, der so die die beiden gegenpasigen Halbwellen der Gegentaktröhren zu einem Gesamtsignal zusammensetzte.

 

Schaltbild eines Gegentakt-Endstufen-Autoradios.


Die Gegentaktendstufe ist mit der Doppeltriode EDD11 ausgestattet. Keine Ultralinearschaltung des Ausgangstrafos (64). Die notwendige Phasenumkehr des Vorstufensignals wird mit einem Gegentakt-Koppeltransformator (61) erzeugt.

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Die Gegenphasigkeit des Steuersignals wird mit einem mittelangezapften Steuertransformator erreicht.

 

Um 1955 kam in Deutschland die Diskussion über die schon im Ausland bewährte 'Ultra-Linear-Röhren-Endstufen' auf. Bei diesem Prinzip wird das Schirmgitter einer Lautsprecher-Endstufenröhre mit an den Ausgangstransformator so angeschlossen, daß das Schirmgitter mit NF-Leistung liefert und darüber hinaus den Klirrfaktor der Schaltung reduziert (Klirrfaktoren unter 1% waren erreichbar).

 

Die Pentode wird dadurch zu einem Zwischending von Triode und Pentode. In diesen Jahren können diverse Artikel in den Fachzeitschriften zum Thema gefunden werden.

 

Jedenfalls wurde der Vorteil des Prinzipes anfangs durchaus auch in Frage gestellt. In den verschiedenen Publikationen wird unterschiedlich auf eine Steigerung der Ausgangsleistung, aber auch gegenteilig auf eine Reduzierung der Ausgangsleistung hingewiesen.

 

Die Schaltung wird aber immer als eine Gegenkopplungs-Variante verstanden. Im Gegensatz zur Gegenkopplung über die Sekundärseite, soll bei der Schirmgittergegenkopplung eine breitbandigere Klirrfaktor-Reduzierzung möglich gewesen sein. Es wurde aber eine Kombination beider Gegenkopplungsvarianten eingesetzt.

 

Im 'Lehrbuch der Funkempfangstechnik' von H. Pitsch, 1963 wird das Prinzip mit Literaraturquellen beschrieben. Auch bei Eintakt-A-Endstufen mit Pentoden oder Tetroden ist es anwendbar.  


Es war einige Jahre modern, Gegentakt-AB-Röhrenendstufen so aufzubauen. Ich selbst habe so um 1965 einen Röhren-Vollverstärker mit 2 * EL84 ind Gegentakt mit Ultralinear-Trafo und zusätzlicher Eintakt-EL84 für die Höhen aufgebaut, der tatsächlich 16 Watt Sinus lieferte.

 

Dieses Gerät ist noch heute aktiv! Der Trafo (Typ GU14) von Radio-Arlt kostete damals uebrigens stolze 35,70 DM. Er hatte eine Primär-Impedanz von 2 * 4 kOhm.

 

Problematisch war zuerst die Beschaffung geeigneter Transformatoren. Wenn man den Artikel von W. Aschermann in Funktechnik Heft 17 aus 1955, Seite 478 liest, sieht man die Komplexität der Bestimmung der Auslegung der besten Schaltung.

 

Eine Schaltungsvariante ohne galvanische Ankopplung an den Trafo wurde beim Loewe Opta Hellas 2841 vorgenommen. Die Schirmgitter arbeiteten auf eigene Wicklungen (siehe Tabelle unten). Details sind der Funkschau 1955, Heft 13, Seite 271 zu entnehmen. Unklare Bedeutung, siehe Frage 1.

 

Fragen:

  1. Derzeit ist noch nicht klar, ob die in der unten vorgestellten Liste mit (?) markierten Wicklungen Bestandteil des Ausgangstrafos waren oder Zusatztrafos. Eigentlich kann so doch keine Ultra-Linear-Gegenkopplung erreicht werden.

  2. Derzeit ist noch nicht klar, ob die in der unten vorgestellten Liste mit (??) markierten Wicklungen Bestandteil einer Ultralinear-Schaltung waren oder andere Aufgaben hatten. Eigentlich kann so doch keine Ultra-Linear-Gegenkopplung erreicht werden.

    Beispiel des Grundig 5040W: Für das Schirmgitter der EL12 ist ein Extra-Trafo mit angezapfter Wicklung vorhanden. In der Service-Anleitung wird dieser Trafo als Siebdrossel bezeichnet. Der Anodenstrom für die Radio-Vorstufen wird hier gesiebt. Warum wird das Schirmgitter über die Drossel geführt. Sollte so eine Brummgegenkopplung innerhalb der Endstufenröhre erreicht werden. (Siehe Schaltbild weiter unten)

Es hat auch Ultra-Linear-Transformatoren mit verschachtelter Wicklung zur Steigerung der Bandbreite gegeben. Sicherlich sind Radios, die das Ultra-Linear-Prinzip anwandten, ein interessantes Spezial-Sammelgebiet.

 

Artikel zum Thema:

  1. Funkschau 1955, Seite 202.
  2. Funkschau 1955, Seite 268
  3. Funkschau 1955, Seite 271
  4. Funktechnik 1955, Seite 209
  5. Funktechnik 1955, Seite 478
  6. Funktechnik 1956, Seite 329
  7. Radio Mentor 1954, Seite 485
  8. Radio Mentor 1955, Seite 51

 

Einsatz von Gegentakt-Endstufen im Musiktruhen: Teure und komfortable Tonmöbel (Musiktruhen, usw) nutzten gern Gegentaktendtufen. In den "goldenen Jahren" der Musiktruhen (1950-1965) kamen hauptsächlich Gegentaktschaltungen (Mono und Stereo) mit den Röhren-Paaren  EL95, EL84, EL86 (eisenlos), ECL82, ECL86, ELL80, ECLL800 zum Einsatz. Derzeit ist mir der Einsatz von EL34-Paaren in Musiktruhen nicht bekannt.

 

... mehr zu Tonmöbeln


Erreichbare Lautsprecherleistungen bei Gegentakt: Mit der EL95  ca. 5-7 Watt, mit der EL84 ca. 10-15 (17) Watt, mit der EL86 ca. 7Watt, (mit der ECL82 ca 6-8 Watt), mit der ECL86 ca. 8-12 Watt, mit der ELL80   und ECLL800 ca. 8 Watt erzielbar. Viele Hersteller nutzten dabei aber die maximal erreichbare Leistung aus Gründen der Betriebssicherheit nicht voll aus.


Funkschau, 1955, Heft 13, Seite 271
Loewe Opta Hellas Plastik.

Neben der Gegentaktendstufe (2xEL84)  gibt es für hohe Frequenzen noch eine Eintakt-A-Endstufe (PCL81).
(Siehe Frage 1 weiter oben)

 


Loewe Opta Hellas 4791
(Siehe Frage 1 weiter oben)

 

Radios mit Ultra-Linear-Roehren-Endstufen.
Hersteller
 Modell
Eintakt
Gegentakt
Parallel
Bemerkungen
Graetz
Belcanto 4R / 234
-
ja
-
2 * EL84. (Details: Funkschau, Heft 13, Seite 268)
Graetz
Belcanto 434
-
ja
-
2 * EL84
Grundig
5040W
ja
-
-
EL12
(??)
Grundig
6050W
ja
-
-
EL12
(??)
Grundig
7041W/3D
ja
-
-
EL84
(??)
Koerting
830W Dynamic
-
ja
-
2 * EL84
(?)
Koerting
831/32W Dynamic
-
ja
-
2 * EL84
(?)
Koerting
Excello 3950
-
ja
-
2 * EL84
(?)
HELI Limbach-Oberfrohna
VS1
-
ja
-
2 x EL84 (zwei mal, Stereo-Verstärker)
NF-Verstärker
Loewe Opta
Hellas Plastik 841W
-
ja
-
2 * EL84, 1 * PCL81 (für Höhen).
(?)
Loewe Opta
Hellas 2841W
-
ja
-
2 * EL84, 1 * EL95 (für Höhen).
(?)
Loewe Opta
Hellas Stereo 4791W
-
ja
-
2 * EL84, 1 * ECL82 (für Höhen).
(?)
Eine etwas merkwürdige Schaltung: Linker Kanal (auch Mono) in Gegentaktschaltung, rechter Kanal Eintakt (nur Höhen?).
Siehe Schaltbild weiter oben.
Loewe Opta Rheingold 3953W ja-  - ja 2 x EL41
Philips
Saturn-Stereo
B8D51A
-
ja
-
Stereo, 2 + ELL80
Philips
Uranus Tonmeister
B7D52AS
-
ja
-
Stereo, 2 + ELL80
Saba Freudenstadt FD16 - ja - Stereo, 2 x ECLL800
Siemens Kammermusik-Kombination Z59M - ja - 2 x EL34 !
VEB Rochlitz
Stradivari 2
-
ja
-
2 * EL84
Haben Sie Informationen über andere Radios? Bitte email senden.

(?) = Sind die Schirmgitterwicklungen tatsächlich auf dem Ausgangstrafo oder ist das ein eigener zusätzlicher Trafo? Wer eines der Geräte hat, bitte mal genau nachsehen. Bitte email senden.

 

Danke für Informationen an:

  1. Rainer Rauschenbach, Heli, VS1
  2. "Airwaves", Christian, WGF

 

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