Die Zeit vor dem UKW-Rundfunk:
Als der Rundfunk 1923 in Deutschland eingeführt wurde, nutzte man die sogenannte Mittelwelle. Die damalige Technik konnte schon recht gut mit der Mittelwelle also (grob) 500 - 1500 kHz umgehen. Auch die damalige Sendetechnik brachte gut funktionierende Sender/Antennen-Anlagen hervor.
Die Sendereichweiten lagen schon bald über 200 km am Tage und nachts deutlich darüber. Über Jahrzehnte war die Mittelwelle und auch die Langwelle (ca. 150 - 350 kHz) und später auch die Kurzwelle (mit 1600 - 30000 kHz) das Mittel der Wahl. Diese Wellenbereiche erweiterten die Reichweiten (in Abhängigkeit vom "Funkwetter" (also Tages- und Jahreszeit und Sonnnenflecken-Zyklus (11 Jahre)).
Allerdings hatten diese klassischen Rundfunkbänder deutliche Nachteile: Die Tag-Nachtreichweiten unterschieden sich neben den 11-Jahres-Sonnenzyklen (auf KW) zum Teil erheblich. Die Klangqualität war mit dem Frequenzgang von nur bis 4,5 kHz aus heutiger Sicht sehr gering. Störungen durch sogenanntes "Fading" (Feldstärkeschwankungen) und durch Entladungsstörungen (Blitze, Maschinen, Generatoren) waren teilweise dramatisch.
... mehr Informationen zu den Rundfunkbändern LW, MW, KW, UKW hier.
Zwang zum Betreten neuer Ufer durch die Frequenzzuteilungen des internationalen Kopenhagener Wellenplans 1948:
Bedingt durch den politischen Zusammenbruch Deutschlands 1945 (Kapitulation) kam es auch zu einem gewissen Handlungszwang in Deutschland:
Der (damals) erneuerte internationale Wellenplan (Kopenhagen) von 1948 stellte Deutschland bei der Vergabe von Frequenzen (als Kriegsverlierer) hinten an mit dem Ergebnis, dass es nur noch wenige gute MW / LW / KW - Frequenzen für deutsche Rundfunksender gab. Eine vernünftige Rundfunkversorgung wäre so kaum möglich gewesen.
Die deutsche Politik, Wissenschaft, Sendetechnik, Rundfunksender, Rundfunkgerätehersteller machten aus dieser Not eine Tugend und führten (unter Mühen) ab 1949 ein ganz neues Rundfunkband in Deutschland ein, welches (damals) ausserhalb Niemand in Europa haben wollte:
Den UKW-Rundfunk (UKW = Ultra-Kurzwelle) im Frequenzbereich von ca 87 bis (zuerst) 100 MHz. Es hat schon viel früher Hinweise auf die Nutzung für UKW als Sendemedium z.B. vom amerikanischer Erfinder Armstrong (belegte Ausstrahlungen schon Nov. 1935) und Vorversuche mehrer Staaten (hauptsächlich in Richtung Militärtechnik und Fernsehtechnik) gegeben. Die USA hatten schon 1947 an der Ostküste über 20 UKW-Rundfunksender im Einsatz.
Zum "richtigen" Datum der Einführung des analogen UKW-Rundfunks in Deutschland (der bis heute den Versuchen trotzt, abgeschafft zu werden, um vom zwar eigentlich guten DAB-Digitalrundfunk ersetzt zu werden und im Gegensatz zu DAB an VIELEN Orten stabiler zu empfangen ist), gibt es je nach Sendeanstalt unterschiedliche Sichten.
Der Bayerische Rundfunk und der NWDR (der spätere NDR) begannen 1949 ihre UKW-Programme. Je nach Quelle werden diese Daten genannt: 28.02.1949 durch den BR , der NWDR folgte (absprachegmäß zwischen beiden Sendeanstalten) aber "erst" am 01.03.1949. Der NWDR war wohl über das Vorpreschen ein Tag zuvor des BR "not amused". Versuchssendungen hat es wohl schon ab Anfang 1949 gegeben. Die anderen Sendeanstalten zogen Schritt für Schritt nach.
Der grundsätzliche Unterschied zwischen LW-, MW-, KW - Wellenausbreitung (links) zu UKW-Wellenausbreitung (rechts).
UKW einführen klingt harmlos, erforderte aber eine fast völlig andere Technik auf der Sender- und Empfangsseite. Es reichte hier nicht, Senderstandorte irgendwo auf eine "nasse Wiese" (wegen der guten Strahlungserde) auch in Tälern zu platzieren, die dann viele Hundert Kilometer Reichweite hatten, sondern man musste - wegen der quasi-optischen Wellenausbreitung auf UKW (siehe obige Skizze) - auf möglichst hohen Landschaftspunkten Antennen-Maste mit speziellen UKW-Antennen montieren.
Dabei erreichte man nur in wenigen Ausnahmen ähnliche Tages-Reichweiten, wie MW-Sender, typisch waren eher 50 - 100 km. Die vielen zu bauenden Sender mit hohen Ausgangsleistungen und Senderantennen stellten eine technische und finanzielle Herausforderung dar.
Um Deutschland flächendeckend mit UKW zu versorgen, waren viele Hundert UKW-Sender und darüber hinaus diverse "Füllsender" nötig. Diese Füllsender versorgten enge regionale Gebiete, wie einzelne Orte in Tallagen. In bergigen Gebieten stieg die Zahl dieser Füllsender extrem. Ein riesiger finanzieller Aufwand, zumal diese Füllsender auch u.a. jeweils über Ball-Empfänger versorgt wurden. Weiter strebte man sofort hohe Sendeleistungen (um 100 KW) für die Hauptsender an, um auf der Empfängerseite nicht übermäßig komplexe und teure Endgeräte zu erzwingen.
Gab es nun für den "Notnagel" UKW-Rundfunk auch Vorteile? Ja, erhebliche! Quasi ein Nebenprodukt von UKW war die Möglichkeit (weil die Bandbreite pro Sendekanal nicht mehr nur bei 4,5 kHz lag, sondern bei 50000 Hz und mehr) den Tonfrequenzgang deutlich zu erhöhen.
Warum ist das wichtig? Auf MW konnte man Ton-Frequenzen zwischen 50 und 4500 Hz übertragen. Damalige Telefone schafften 200 - 3500 Hz. Rundfunk war also nicht viel besser. Ein junger Mensch kann leicht Töne zwischen 30 - 18000 Hz hören, ältere Menschen zumeist noch 100 - 12000 / 15000 Hz. Ein Symphonie-Orchester bringt es leicht auf 25 Hz bis 20000 Hz.
<-- links: Ein typisches UKW-Einbauteil zum Nachrüsten von Radios ohne UKW.
UKW-Rundfunk war angelegt auf einen Frequenzgang von 50 - 12000 / 15000 Hz, also mehr als das Dreifache wie auf Mittelwelle. Das würde eine ERHEBLICH höhere Klangqualität bringen!
Gleichzeitig wurde auf UKW die sogenannte Frequenzmodulation (FM) eingeführt. Klassisch wurde zuvor amplitudenmoduliert (AM). AM ist störempfindlich: Blitze, Maschinen, Fading (Lauter- und Leiserwerden der Signale) beeinträchtigten Rundfunk auf MW, LW, KW. Die damals neue FM war für viele Störungen deutlich weniger änfällig, Sender wurden ständig im Vollastbetrieb (Oberstrich) gefahren, AM-Sender dagegen schwankten systembedingt im Takt der Musik in ihrer Sendeleistung. Das fiel bei UKW-FM weg.
Weiter konnte am Wohnort der Radiohörer ein großes Angebot von auch lokalen Programmen geboten werden, weil die Sender sich weniger gegenseitig störten.
Schaltbild eines UKW-Teils eines typischen Radios Mitte der fünfziger Jahre.
Von links nach rechts.:
UKW-Dipol, Antennen-Anpass- u. Symmetrie zu Aymmetrie-Trafo, 1. Triode in Gitterbasis-Triode als HF-Vorverstärker.
Mischstufen-Abstimmkreis, Oszillatorkreis, 2. Triode als selbstschwingende Mischstufe. ZF-Ausgangsfilter, ZF-Ausgabe.
Die neue UKW-Technik, nicht unproblematisch:
Da man aber technisches Neuland (im Rundfunkbereich) betrat, gab es natürlich auch viele Probleme. Die ersten Empfangsteile waren simple Zusatz-Geräte für bestehende Radios (z.b. Pendler-Module mit nur einer Röhre, die das bestehende Radio ergänzten). Die Firmen begannen sogenannte UKW-vorbereitete Geräte anzubieten.
Das konnten Radios mit Montagepunkten sein, an denen Einbauteile hinten eingesetzt werden konnten. Andere Geräte boten schon vorsorglich auf der Skalenscheibe eine zusätzliche UKW-Skala an, usw, usw. Weiterhin tauchten erste Modelle mit schon integrierten UKW-Teilen (mit Pendlern oder UKW-Mischstufen und UKW-ZF) auf. Es gab auch Nachrüst-Module, die Mit einem rückgekoppelten Audion und Flankenrichter ausgerüstet waren (siehe unten Philips 7455).
Die Klangqualität der Pendelempfänger war oft suboptimal (Stichwort Flankendemodulation mit leichten Verzerrungen des Klanges). Auch die Empfangsempfindlichkeit war noch nicht gut (Pendelempfänger rauschten stark bei schwachen Signalen, noch fehlende rauscharme UKW-Trioden-Röhren). Starkes Rauschen bei schwachen Sendern oder schlechten Antennen führten schnell zum Verdruss.
In den Anfangsjahren von UKW und später kamen folgende Schalt-Prinzipien zum Einsatz:
UKW-Audion mit und ohne Rückkopplung, UKW-Reflex-Eingangsteil, UKW-Pendler mit und ohne Vorstufe, UKW-Mischer/Oszillator mit und ohne Vorstufe, UKW-Mischer/Oszillator mit und ohne Vorstufe und Pendel-ZF, UKW-Mischer/Oszillator mit und ohne Vorstufe und rückgekoppelter ZF. Gleichrichtungen mit Flankengleichrichter, Gleichrichtungen mit Phasendetektoren, Gleichrichtungen mit Radiodetektoren, Gleichrichtungen mit Synchrondetektoren.
Anzumerken wäre noch, dass in vielen Fällen in Stellung UKW die AM-Misch/Oszillator-Röhre (z.B. ECH41) als erste ZF-Röhre im Mischteil genutzt wurde.
Antennentechnik:
War der Radiohörer bisher gewohnt, nur ein Stück Draht als Antenne zu verwenden, brauchte er nun u.u. eine Dachantene oder zumindest eine Zimmerantenne, die viellleicht sogar noch wiederholt nachgedreht werden musste. Es wurden deshalb Libellen-Zimmerantennnen und sonstige relativ große Dipolantennen geschaffen, um den nötigen Antennengewinn bereit zu stellen.
... mehr zu UKW-Antennen.
UKW-Libellen-Zimmerantenne -->
UKW-Dachantennen in Yagi-Form oder als gestockte Gruppenantennen und mit dämpfungsarme Antennenableitungen sollten auch in kritischen Empfangsregionen Empfang möglich machen.
Eine typische "Fern"-Antenne bestand aus zwei Dipolen mit Reflektor, die übereinander angeordnet waren und gegenüber einem reinen Dipol einen Antennnengewinn von 4-5 dB aufbauen konnten, gleichzeitig hatten sie eine eindeutigige Empfangsrichtung. War diese Antennenkombination frei ausserhalb des Hauses auf dem Dach montiert, konnte oft eine Empfangsreichweite von bis zu 100 km erreicht werden.
Gestockte Yagi-Antenne (Dipol / Reflektor) -->
<-- Die damals hochmoderne UKW-Eingangsröhre ECC85, die bald (1954) eingeführt wurde.
Der Berufszweig Antennenbauer bildete sich (auch für den neuen Fernsehbereich Band I und III (ebenfalls ein UKW-ähnlicher Bereich)). Insbesondere durch diese oft umfangreichen Dachantennen änderte sich das Erscheinungsbild von Stadtansichten in Deutschland, Stichwort Antennenwald.
Die Technik wurde schnell besser:
Trotzdem: Schon bald kamen leistungsstarke Radios mit fest eingebauten UKW-Teil auf den Markt. Dabei wurden spezielle UKW-Röhren (z.B. ECC85) und echte Frequenzdemodulatoren (Phasengleichrichtung, Radio-Detektor) mit sehr guter verzerrungsfreier Signalgleichrichtung genutzt und durch große Verstärkungsreserven der UKW- u. ZF-Teile (Begrenzung) und insbesondere der Ratiodetektoren (Begrenzung) hohe Rauschfreiheit und sehr gute Klangqualität erreicht.
Die Rundfunkindustrie war gezwungen, die Niederfrequenzteile (Ausgangsleistung, Frequenzgang, Lautsprecher, Klanggehäuse, usw) den neuen Bedürfnissen anzupassen. Die erreichte UKW-Klangqualität lag deutlich über der klassischen Amplitudenmodulation auf LW, MW, KW.
In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann die Blütezeit / die goldenen Jahre des Rundfunks durch UKW: Raumklang, Mehrwege-Lautsprecher HiFi und schließlich durch spätere Einführung von Stereophonie.
Vielen Menschen war das starke Rauschen zwischen den Empfangskanälen unangenehm. So entwickelt die Industrie bald auch Geräte, die dieses Rauschen unterdrücken oder zumindest abschwächen konnten.
Wie dem auch sei, durch den "Einführungszwang" von UKW im Jahre 1949 hatte Deutschland bald einen kleinen Technologie-Vorsprung auf diesem Gebiet.
Nachrüst-UKW-Rückkopplungs-Audion mit Flanken-Demodulator Philips 7455. Foto von "Regency", Jan aus dem Wumpus-Gollum-Forum |
Nachrüst-UKW-Rückkopplungs-Audion mit Flanken-Demodulator Philips 7455. Foto von "Regency", Jan aus dem Wumpus-Gollum-Forum |
Philips 7455 (siehe Foto links), eingebaut an Rückwand eines Radios. Foto von "Regency", Jan aus dem Wumpus-Gollum-Forum |
UKW-Teil (Pendler) für Grundig 396W. Foto von "Klarzeichner", Stefan aus dem Wumpus-Gollum-Forum
|
UKW-Teil für Grundig 396W. Foto von "Klarzeichner", Stefan aus dem Wumpus-Gollum-Forum
|
UKW-Teil für Grundig 396W. Foto von "Klarzeichner", Stefan aus dem Wumpus-Gollum-Forum
|
UKW-Super-Vorsatz Schaub UZ51. Foto von "Airwaves", Christian aus dem Wumpus-Gollum-Forum |
Grundig 495W mit UKW-Teil. Foto von "Airwaves", Christian aus dem Wumpus-Gollum-Forum |
Telefunken T5000 mit festeingebautem UKW-Teil. Foto von "Airwaves", Christian aus dem Wumpus-Gollum-Forum |
Saba Freiburg W10US Foto von "Uli" aus dem Wumpus-Gollum-Forum |
Sondya Amati E5416 Foto von "Uli" aus dem Wumpus-Gollum-Forum
|
Foto von "Uli" aus dem Wumpus-Gollum-Forum Saba-UKW-Teil: UKW-S. ECH42, 2 x EF42, EQ80. Induktiv abgestimmt. Komplett-Teil mit ZF und Demodulation. |
Foto von "Uli" aus dem Wumpus-Gollum-Forum Sondya-UKW-Teil: 6BK7A, 6BH6, 6BH6, 6J6, EAA91. Induktiv bgestimmt. Komplett-Teil mit ZF und Demodulation. |
12.04.2017 / 24.10.2017
Foto von "Airwaves", Christian
aus dem Wumpus-Gollum-Forum
© 1996/2018 Wumpus Welt der Radios. Rainer Steinführ, WGF | Besucherzähler: 1.868.664
Kontakt & Impressum | Sitemap | Admin-Login | Seitenanfang ↑